Im Auftrag des Herrn unterwegs

So, heute gibt’s mal die erste Story „von der Haustür“ 🙂
Und das ist ohne Witz genau so passiert:

…Irgendwo in Unterhaching, beim Werben für die Johanniter…

Ich klingele an einer Wohnungstür in einem Mehrfamilienhaus, kurzes Warten, dann öffnet mir ein Bär von Mann mit leichter Ähnlichkeit zu Old Shatterhand aus den alten Winnetou-Filmen die Tür. Eifrig beginne ich, mein Gespräch aufzusagen. Nach ungefähr 30 Sekunden – die Zeitspanne, die die meisten Leute dafür brauchen, um festzustellen, dass wir Geld von ihnen wollen – unterbricht mich der gute Herr und sagt: „Ich finde das ja eine super Sache, was ihr macht und würde auch gerne etwas spenden, aber mir steht selbst das Wasser bis zum Hals. Ich habe 56.000 Euro Schulden und noch nicht mal Geld, um mir später etwas zum Essen zu kaufen.“

Nach kurzem Überlegen nehme ich 2 Euro aus meiner Tasche und reiche sie ihm mit den Worten: „Wenn das so ist, dann drehen wir die Sache mal um und ich gebe Ihnen was.“
Er ist sehr verdutzt, nimmt aber das Geld mit den Worten „Ach, jetzt musst Du mir ja was geben, das ist ja auch blöd … komm doch mal rein!“ an. Drinnen gibt er mir ein Glas Wasser, ich drehe uns beiden jeweils eine Zigarette und wir rauchen zusammen.
Nach ungefähr 3 Minuten fängt er an, mir seine Lebensgeschichte zu erzählen.
Kurzzusammenfassung: Scheidung, Krankheit, Pleite.Danach Hinwendung zur (christlichen) Religion und Eintritt in eine Art „leichte“ christliche Sekte mit Sitz in Karlsruhe.

Das beste folgt aber danach. Ich zitiere nun aus der Erinnerung:

„(…) und vor circa einem Jahr war es dann soweit. Ich hatte eines Nachts einen Traum, in dem mir Gott erschien und mir meine Aufgabe mitteilte. Meine Aufgabe ist es, im Jahr 2013 nach Jerusalem zu gehen. Dort werde ich den Stab Moses, der aus dem Horn des letzten Einhorns gefertigt ist, von Gott erhalten. Sobald ich diese Macht bekommen habe, muss ich eine Million Gläubige um mich scharen und die Welt ins Licht zurückführen. Zurück zu Gott, sozusagen. Gott hat mich auserwählt, damit ich gemeinsam mit den Menschen, die mir folgen werden, das Böse auf der Erde ausrotte. Denn Gott ist zwar die allumfasende Liebe, aber Gott ist auch der Gott der Rache. Und ich bin einer der Kämpfer, die Gott auserkoren hat um sich an all dem Bösen zu rächen.“

Leicht mulmig wurde mir bei den letzten Worten schon; andererseits musste ich aber auch einen heftigen Lachanfall unterdrücken.
Ich stimmte dem guten Mann natürlich voll und ganz zu, sagte mehrfach, dass ich auch denke, dass wir doch eigentlich alle im Auftrag des Herrn unterwegs seien, wünschte ihm viel Erfolg bei seiner „Mission“ und schaffte es schließlich, mich elegant und würdevoll aus der Höhle des Gotteskriegers zu verdrücken.

Puh. Werben ist spannend.

 

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