Der Banker

Seit heute bin ich in einem neuen Gebiet unterwegs – vollgestopft mit Villen und dicken Karren. Die meisten Leute sind recht freundlich gewesen und es haben auch einige mitgemacht, allerdings gibt es auch sehr viele Sprechanlagen, um Leute wie uns so schnell wie möglich abzuwimmeln und sehr viele weit von der Haustür entfernte Eingangstore, die sich wohl einzig und allein für die Hausherren öffnen, damit sie so einsam wie möglich ihren Reichtum genießen können.

Am Mittag war ich vor dem Tor einer richtig schönen Villa, im mediterranen Stil gebaut – als ob man das Haus direkt aus der Toskana nach Bayern verpflanzt hätte. Es war wirklich alles da: 2 große Hunde, eine seeeeehr ausladende Garage und ein riesiger Garten, in dem ein Rasenmäher-Roboter einsam seine Runden drehte und vollautomatisch den Rasen stutzte. Man konnte sich in etwa vorstellen, welches Jahresgehalt hinter dieser Fassade steckt… 🙂

Ich sprach also mittags mit der Hausherrin, die sehr freundlich war, sich aber nicht ohne ihren werten Gatten dazu entschließen wollte, bei uns mitzuhelfen. Während des Gesprächs kam der Mann nach Hause um seine beiden Söhne (wohl zum Golfen) abzuholen. Er war natürlich sehr gestresst. Ich blieb butterweich und freundlich und formulierte mit Nachdruck die Wichtigkeit unseres Anliegens auch noch einmal für ihn. Obwohl er vorher sagte, er habe keine Zeit, fing er sofort an nachzuhaken: Er habe gehört, wir Werber würden Provisionen kassieren, wie viel das denn wäre, wenn er mir jetzt 100 Euro geben würde. Als ich ihm antwortete, dass ich ihm das jetzt ad hoc nicht ausrechnen könne, meinte er, dass wir doch bestimmt gesetzlich verpflichtet seien, das offen zu legen; er sei nämlich in der ‚Finanzbranche‘ tätig und müsse auch haarklein seine Provisionen erklären können. Jaja, sehr guter Vergleich… 🙂
Wir einigten uns darauf, dass ich später am Abend noch einmal vorbeischauen soll, damit sie sich als Ehepaar in Ruhe besprechen können.

Am Abend kam ich dann wieder vors Haus und traf ihn erneut im Aufbruch an, wohin auch immer. Er motzte mich etwas an, ich käme wieder ungelegen, woraufhin ich mich entschuldigte, ihn aber darauf hinwies, dass wir mittags abgemacht hätten, dass ich am Abend wiederkommen solle. Er ließ sich wieder auf ein kurzes Gespräch ein, stellte aber alle Nachfragen, die man sich vorstellen kann und war sehr erbost darüber, dass die Johanniter als Hilfsorganisation solche ‚Haustürgeschäfte‘ machen. Ich erklärte natürlich zu jedem Einwand brav etwas.
Obwohl ich sowohl mittags als auch abends erwähnt hatte, dass wir kein Bargeld annehmen können, meinte er schließlich: „Also ich würde Dir jetzt 100 Euro mitgeben, aber eine Unterschrift an der Haustür gibt’s von mir nicht und auch keine dauerhafte Spende. Ich werde außerdem hier vor Ort einen verantwortlichen Johanniter, den ich kenne, anrufen und mich informieren, warum die Hilfsorganisationen unbedingt auf diesem Weg arbeiten müssen…“
Ich entgegnete ihm: „Das können Sie gerne tun und der gute Mann wird Ihnen bestimmt erklären, wieso wir auf diesem Weg unsere Spenden für die Regionalverbände sammeln. Dann werde ich in ein paar Tagen noch einmal zu Ihnen kommen und dann sind sie hoffentlich überzeugt davon, dass das hier eine gute Sache ist und werden bei uns mithelfen.“ Mit einem leicht abfälligen Lachen verabschiedete er sich und zog sich in sein adäquates Toskana-Häuschen zurück.

Junge, Junge. So heftig wie hinter der nächsten Ecke habe ich noch nie über reiche Leute wie ihn geflucht 🙂

Gott sei Dank lief der Tag sonst gut und ich bin morgen zum Senrechtstarter-Treffen eingeladen, als Belohung für meinen guten Start in den Job.
Davon hört ihr morgen mehr…

 

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